Bald darauf erlebt Dr. Watson selbst einen mysteriösen Mordfall: Als die beiden Wohnungskollegen zu einem sonst leerstehendem Haus gerufen werden, in dem ein Toter ohne sichtbare Verletzungen liegt, mit einem Ehering auf der Brust, und der einzige offensichtliche Anhaltspunkt des Falls das deutsche Wort „Rache“ ist, das mit Blut auf die Wand geschrieben wurde, beginnt Holmes mit großem Kombinationsgeschick bereits den Fall zu lösen.
Im ersten Band von Sherlock Holmes Abenteuern lernen wir zu Beginn Dr. Watson als gesundheitlich angeschlagenen, eher ruhigen, angenehmen Jungesellen kennen. Er ist jemand, der sich nicht in den Vordergrund drängt, seine Meinungen eher für sich behält und anderen Leuten keine Umstände macht. Er dient in den Büchern Doyles als Ich-Erzähler und berichtet uns von den Kriminalfällen, wie er sie miterlebt hat.
Sherlock Holmes hingegen ist ein sehr exzentrischer und oft auch komplizierter Mensch. Er ist sehr auf seinen Beruf fixiert, viel anderes im Leben als seine Mordfälle interessiert ihn eigentlich nicht. Alles was er lernt, lernt er nur zu dem Zweck Verbrechen aufzuklären, über andere allgemeinbildende Themen wie Literatur, Philosophie oder Astronomie weiß er so gut wie nichts.
So ist Watson zum Beispiel an einer Stelle besonders entsetzt:
„Meine Überraschung erreichte jedoch einen Höhepunkt, als ich zufällig herausfand, dass ihm die Theorie des Kopernikus und der Aufbau des Sonnensystems unbekannt waren. Dass ein gebildeter Mensch in diesem unseren neunzehnten Jahrhundert in Unkenntnis der Bewegung der Erde um die Sonne verharrte, erschien mir als solch außerordentliche Tatsache, dass ich es kaum zu begreifen vermochte.“
Zum Fall selbst, den die beiden lösen, möchte ich eigentlich nicht mehr, als schon in der Inhaltsangabe verraten, sagen, um die Spannung nicht zu zerstören.
Darum zum Schluss nur noch etwas interessantes über den Aufbau des Buchs: Der Fall selbst ist sehr schnell – nämlich in gerade mal 83 Seiten – gelöst. In der zweiten Hälfte der Erzählung erfährt man ausführlich die Vorgeschichte des Mordes. Wirklich ausführlich, denn die Vorgeschichte beginnt Jahrzehnte davor!
Schon lange hat mich die Aufklärung eines Kriminalfalls nicht mehr so fasziniert wie bei „Eine Studie in Scharlachrot“. Es ist herrlich zu sehen, wie Sherlock Holmes durch simple logische Schlüsse, schneller zur Lösung kommt, als alle Kommissare und Polizisten um ihn, die ständig falschen Fährten hinterher laufen.
Etwas langatmig fand ich gegen Ende den zweiten Teil des Buchs, der fast ausschließlich beschreibt, wie es zu der Tat kam. Da das Buch aber insgesamt mit gerade mal über 150 Seiten recht dünn ist, hat man auch diesen Erzählungsteil recht schnell hinter sich gebracht.
Mein Fazit: Es ist recht spannend und amüsant über den exzentrischen Sherlock Holmes Bücher zu lesen, aber mit ihm zusammen wohnen möchte man dann eher doch nicht.
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