Sonntag, 6. Januar 2013

The Handmaid’s Tale (Margaret Atwood)

(zu dt.: “Der Report der Magd”)

Nukleare Katastrophen haben viele Menschen steril werden lassen, der Erhalt der menschlichen Rasse ist dadurch gefährdet. Plötzlich werden der Präsident und alle Kongressmitglieder der Vereinigten Staaten ermordet, die Verfassung außer Kraft gesetzt und der Notstand ausgerufen. Das Reich von Gilead ist gegründet.
 Alle zweiten Ehen werden für ungültig erklärt; Frauen werden enteignet und in Erziehungscamps gesteckt. Ihr Besitz geht an den nächsten männlichen Verwandten über, sie haben nicht zu arbeiten, nicht zu konsumieren, nicht zu besitzen, nicht zu wissen.  Sie haben nun nur mehr eine Aufgabe: zu gebären.

Wir folgen der Erzählung von Offred, die uns von ihren Erlebnissen in der Anfangszeit des Regimes berichtet.
Im Reich von Gilead herrschen strenge Gesetze: Alle Medien sind zensiert, Folter und Todesstrafe wieder überall eingeführt. Jeder könnte ein Spitzel sein, der einen bei der kleinsten rebellischen Bemerkung ausliefert. Alle Aufzeichnungen von der Zeit vor der Diktatur werden vernichtet, schon daran zu denken, dass es einmal anders war, ist Blasphemie.
Frauen existieren nur mehr durch den Mann und werden in ein strenges Ordnungssystem gezwängt, an dessen Spitze die „Wives“ stehen und an dessen Ende sich die sogenannten „Unwomen“ befinden, die als Unfruchtbare keinen Wert mehr für die Gesellschaft besitzen und in Arbeitslagern zu Grunde gerichtet werden.

Inmitten dieser schrecklichen Umstände versucht Offred einen Ausweg zu finden und ihr Leben doch zu bewahren. In Rückblenden erzählt sie uns von ihrer besten Freundin Moira, von ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter, an die sie oft denken muss.
Als „Handmaid“ lebt sie im Haus fremder Männer, deren Frauen bereits unfruchtbar sind und hat die Aufgabe ihm ein Kind zu gebären. Ihr Name leitet sich dabei von dem ersten Mann ab, bei dem sie gelebt hat; wir erfahren also nie, wie sie wirklich heißt.

Es ist erschreckend, wie einfach es wäre, einen ganzen Staat lahmzulegen und eine totalitäre Schreckensherrschaft aufzubauen. Dieses Buch ist nämlich nicht dem Genre Science-Fiction zugeordnet, weil es etwas darstellt, das erst in ferner Zukunft geschehen könnte, sondern weil darin etwas eintritt, das in unserer Welt bloß noch nicht so passiert ist.
Die Geschichte erinnert schon sehr an George Orwells „1984“, nur dass hier insbesondere die Frauen das Nachsehen haben, und dass wir als Leser selbst den Wandel von Normalität zur Diktatur miterleben, anstatt das Gefühl zu haben, es sei schon immer so gewesen.
Deutlich wird auch die Ohnmacht, die Offred befällt, angesichts der Tatsache, alleine nichts gegen das Regime ausrichten zu können, solange sie nicht umgebracht werden will.

Schon lange habe ich nicht mehr so sehr mit den Ängsten, Sorgen und Bedürfnissen eines Buchcharakters mitgefühlt wie mit Offred. Auch wenn all ihre Entscheidungen nicht immer gut zu heißen sind, so wirken sie in ihrer Verzweiflung doch plausibel und realistisch.
Ich wollte schon länger wieder einmal etwas Dystopisches lesen und diese Erwartung hat der Roman voll erfüllt. Nicht unbedingt schön zu lesen, aber spannend, dicht und emotional erzählt.

Hier noch ein paar meiner Lieblingsstellen:

“What I need is perspective. The illusion of depth, created by a frame, the arrangement of shapes on a flat surface. Perspective is necessary. Otherwise there are only two dimensions. Otherwise you live with your face squashed against a wall, everything a huge foreground, of details, close-ups, hairs, the wave of the bedsheet, the molecules of the face. Your own skin like a map, a diagram of futility, crisscrossed with tiny roads that lead nowhere. Otherwise you live in the moment. Which is not where I want to be.”

“I stand up, in the dark, start to unbutton. then I hear something, inside my body. I’ve broken, something has cracked, that must be it. Noise is coming up, coming out, of the broken place, in my face. Without warning: I wasn’t thinking about here or there or anything. If I let the noise get out into the air it will be laughter, too loud, too much of it [...] I cram both hands over my mouth as if I’m about to be sick, drop to my knees, the laughter boiling like lava in my throat. I crawl into the cupboard, draw up my knees, I’ll choke on it. My ribs hurt with holding back, I shake, I heave, seismic, volcanic, I’ll burst. Red all over the cupboard mirth rhymes with birth, oh to die of laughter.”

“It’s strange, now, to think about having a job. Job. It’s a funny word. It’s a job for a man. Do a jobbie, they’d say to children, when they were being toilet-trained. Or of dogs: he did a job on the carpet. You were supposed to hit them with rolled-up newspapers, my mother said. I can remember when there were newspapers, though I never had a dog, only cats.
The Book of Job.
All those women having jobs: hard to imagine, now, but thousands of them had jobs, millions. It was considered the normal thing.”

P.S.: Man verzeihe mir das stümperhafte retuschierte Titelbild des Romans: Ich habe das Buch aus einer Bücherrei ausgeborgt und wollte aus privatrechtlichen Gründen deren Registrierungsnummer unkenntlich machen.

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