(im Original: „The Brass Dragon)
Als Barry Cowan im Krankenhaus einer texanischen Kleinstadt erwacht, versteht er die Welt nicht mehr. Wie kam er hierher? Warum ist er verletzt? Wer ist er überhaupt? Und was ist in den letzten 14 Monaten geschehen, die aus seinem Gedächtnis gelöscht zu sein scheinen? Alles was ihm aus dieser Zeit geblieben ist, ist ein Overall, der an einen Militäranzug erinnert, und ein kleiner Drache aus Bronze.
Sein Vater holt den jungen Mann nach Hause – nach Kalifornien – zu seiner Mutter und kleinen Schwester. Diese haben ihn über ein Jahr vermisst und sind überglücklich Barry wiedergefunden zu haben.
Doch dann häufen sich unheimliche Vorfälle: Barry bekommt Drohanrufe, sein Mantel wird gestohlen und durchsucht, im Haus der Familie wird eingebrochen. Dazu kommen noch diese albtraumhaften Erinnerungen an fremde Planeten und Monster. Wird Barry etwa verrückt? Oder ist er doch Teil einer großen Verschwörung?
Barry kehrt trotz seiner Angst nach Texas zurück, um die Wahrheit heraus zu finden…
Das war ungefähr die Zeit, in der die Träume anfingen. […]
Ich befand mich in einer Art Raumschiff, an einen Sitz geschnallt, und hinter meinem Kopf war eine Konstruktion mit einer Glocke angebracht, die mich sogleich wieder aufweckte, wenn ich einschlief und mein Kopf herabsank. Ich musste eine bestimmte Umlaufbahn berechnen, sonst würde es fürchterliche Schwierigkeiten geben, und hinter mir öffnete sich etwas wie eine Schleuse, und jemand – oder ein Ding – kam hindurch… und das war die Stelle, an der ich aufwachte, weil ich stark schwitzte oder auch, weil ich im Schlaf geschrien hatte.
- S. 49, letzter Absatz
Zugegeben, das Buch ist spannend und das Geschehen wirkt anfangs frisch genug, um einen zu fesseln. Trotzdem wird man das Gefühl nicht los, die Autorin hätte zu wenig Platz gehabt, die Geschichte ganz zu entfalten.
Der erste Teil des Buchs, in dem Barry gegen die Amnesie ankämpft, lässt einen aufgrund der vielen aufkommenden Fragen mit dem Protagonisten mitfiebern, doch der zweite Teil, in dem man erfährt, was tatsächlich geschehen ist, enttäuscht, trotz Auflösung der meisten aufgeworfenen Rätsel.
Tatsächlich stecken im 14-monatigen Verschwinden Barrys gerade mal ein paar Tage Action. Der ganze Themenkreis, der hier auf nicht einmal 100 Seiten angerissen wird, hätte Stoff für einen viel längeren Roman geliefert und einige kurz aufkommende philosophische Themen (z.B. friedliche Koexistenz verschiedener Rassen) kommen einfach zu kurz, um den Leser zum Denken anzuregen.
All diese Mängel legen nahe, dass für den Roman von Anfang an eine bestimmte Wort- oder Seitenanzahl festgelegt war und somit die Ausfaltungsmöglichkeit der Geschichte begrenzt wurde.
Auch etwas abrupt wirkt das Ende des Buchs, an dem sich natürlich für den Helden alles zum Guten wendet. Weiters ist es ungewöhnlich für Bradley, dass weibliche Charaktere wie in dieser Geschichte simples Beiwerk sind und nicht wirklich zur Handlung beitragen. Normalerweise ist man bei ihr an stärkere und unabhängigere Frauen gewöhnt.
Zum Schluss noch eine Anmerkung zum Buchcover der von mir erstandenen Ausgabe des Weltbild Verlags aus dem Jahre 1994: Das Bild hat verwirrenderweise überhaupt nichts mit der Handlung des Buchs zu tun, wie auch beim Roman „Die Teufelsanbeter“ aus Bradleys „Claire Moffatt-Serie“, der vom Weltbild Verlag zur gleichen Zeit aufgelegt wurde. Dessen Buchdeckel zieren zwei germanische Krieger, die so gar nicht zu der Geschichte über Voodozauberer und Sekten passen.
Mir ist bewusst, dass das oben gesagte ein recht negatives Licht auf das Buch wirft, was sich aber hauptsächlich darin begründet, dass ich schon Mehreres von Marion Zimmer-Bradley gelesen habe, das ein höheres Niveau aufweist.
Mein Fazit: „Der Bronzedrache“ ist ein schöner Zeitvertreib für einen regnerischen Nachmittag. Tiefgründiges oder Überragendes sollte man jedoch nicht erwarten.
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