Sonntag, 12. Mai 2013

Die Söhne der Wölfin (Tanja Kinkel)

„Italien im 7. Jahrhundert vor Christus. Die junge Priesterin Ilian wird aus ihrer etruskischen Heimatstadt Alba verbannt und zur Heirat mit dem lateinischen Bauern Faustulus gezwungen. Ihr Weg führt sie schließlich zu dem mächtigen Orakel von Delphi, mit dem sie um Unterstützung für sich und ihre Söhne Romulus und Remus handelt. Doch das Orakle verschenkt nichts, und eine seiner Bedingungen führt Ilian nach Ägypten, in einen erbitterten Krieg dreier Völker, in dem der Verlust ihrer Freiheit die geringste aller Gefahren ist. Von der Tiefe der Erniedrigungen in die Höhen der Macht, getrieben vom Feuer des Ehrgeizes und den Banden der Liebe, verfolgt Ilian ihr Ziel. Und die Besessenheit, die ihr im Blut brennt, formt auch ihre Söhne.“



Soweit zum Inhalt des Buches, wie im Klappentext beschrieben, den ich selbst nicht besser hätte zusammenfassen können.

Tanja Kinkel wählt in ihrem Roman einen eher unkonventionellen Weg, um die Geschichte von Romulus und Remus zu erzählen: Der Leser folgt nämlich fast ausschließlich den Erlebnissen deren Mutter Ilian.

Diese ist als Hauptfigur zwar so vielschichtig wie auch alle anderen wichtigen Charaktere, doch bin ich mir nicht sicher, ob sie wirklich sympathisch ist. Sie ist zwar eine starke, eigenständige und unabhängige Frauenfigur, jedoch beruht diese Stärke hauptsächlich auf dem krankhaften Ehrgeiz und der Rachgier, von der die getrieben wird. Schamlos benutzt sie Freunde, so wie auch ihre Söhne, um ihr Ziel zu erreichen – um den König von Alba, der sie verbannt hat, vom Thron zu stoßen.
Sehr interessant fand ich auch, dass die Autorin mit dem Barden Ulsna einen Zwitter in die Geschichte einführt, eine Randgruppe der Menschheit, von deren Behandlung und Ansehen im antiken Südeuropa und Nordafrika den Wenigsten etwas bekannt sein dürfte.

Weiters lernt man durch die vielen Reisen, die Ilian unternimmt, viel über die großen Hochkulturen dieser Zeit, über Sitten, politische Wirren und vorwiegend über die unterschiedlichen Stellungen der Frau in verschiedenen Völkern.
Hier macht sich deutlich bemerkbar, wie hervorragend der Roman recherchiert ist; davon kann man sich auch beim Durchlesen der Bibliografie am Ende des Buches überzeugen.

In „Die Söhne der Wölfin“ werden also die Frauen in den Mittelpunkt gestellt. Vor allem mit Ilian wird eine Frauenfigur in den Vordergrund gerückt, die in der ursprünglichen Sage nur eine kleine Nebenrolle inne hat. Alle psychologischen Motive für ihre Taten sind genau überlegt und hinterfragt, für alle wichtigen Ereignisse der Geschichte gibt sie – manchmal auch unbewusst oder im Verborgenen – den Anstoß.
Diese Herangehensweise erinnert mich etwas an Marion Zimmer Bradleys Sagen-Nacherzählungen (In „Die Nebel von Avalon“, das die König-Artus-Sage nacherzählt, spielt Morgana le Fay die Hauptrolle, in ihrer Troja-Krieg-Interpretation „Die Feuer von Troja“ ist es die Hellseherin Cassandra, der wir folgen).

Man weiß natürlich wie die Geschichte von Romulus und Remus enden muss, doch was den Reiz dieser ausmacht, ist, dass man genau wissen will wie man dort ankommen wird.
Auch wenn man sich Ilian weder als Freundin noch als Feindin wünscht, kann man doch nicht anders, als ihr staunend über ihren Mut und ihre Ausdauer auf dem Rachefeldzug gegen den König von Alba durch das antike Griechenland und Ägypten zu folgen und mit ihr letztendlich ins Unglück zu laufen.
Verleihe dem Buch hiermit feierlich 9 von 10 goldenen Wölfinnen.

1 Kommentar:

  1. Ich habe das Buch vor vielen, vielen Jahren gelesen und weiß noch, dass ich es sehr gerne gelesen habe. Und auch, dass es hier und da Überraschungen gab, obwohl man die Geschichte ja eigentlich kennt.

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