Mittwoch, 31. Oktober 2012

The Halloween Tree (Ray Bradbury)

(zu dt.: “Halloween”)

Es ist Halloween. Tom Skelton und seine Freunde treffen sich voller Vorfreude in den tollsten Kostümen zur Süßigkeitenjagd. Da gibt es unter anderem ein Skelett, eine Mumie, eine Hexe, einen Goblin und den Tod höchstpersönlich. Sie wollen gerade losgehen, da bemerken sie, dass einer von ihnen, Pipkin, fehlt. Dieser fühlt sich unwohl und weist die anderen an, vor zu gehen.
Die Jungs laufen zu dem alten Haus am Rande des Städtchens, in dessen Garten ein riesiger Baum steht, der über und über mit leuchtenden geschnitzten Kürbissen behangen ist. Dann geht alles ganz verwirrend und schnell. Auf einmal taucht der mysteriöse Mr. Moundshroud auf und Pipkin, der seinen Freunden nachläuft, wird, als seine Lampe verlischt, vom Tod davon getragen. Und ehe sie so recht wissen, was geschehen ist, befinden sich die Kinder auf einer Reise durch die Vergangenheit zu den Anfängen von Halloween, immer auf der verzweifelten Suche nach Pipkin, um ihn zu befreien.


Zusammen mit den Jungen führt Ray Bradbury uns zu den Mumien des alten Ägyptens, zu keltischen Riten im heidnischen England, zu den Hexenjagden des Mittelalters, zu den Goblins und Wasserspeiern von Notre Dame und zu mexikanischen Katakomben und Friedhöfen.Auf ihrer Reise gehen die Kinder den Ursprüngen der Figuren, als die sie verkleidet sind, nach, wodurch, die Erzählung zeitweise wie eine Geschichtsstunde wirkt. Nur gut, dass es stets so natürlich in die Handlung passt, dass es nicht scheint, als wolle Bradbury einem sein Wissen aufzwingen.
Anhaltspunkt der Geschichte ist Mr. Moundshrouds altes Haus, bei dem alles beginnt und endet :
„And they looked up through the levels of the great house and saw ervery age, every story, and all the men in history staring round about as the sun rose and set. Apemen trembled. Egyptians cried laments. Greeks and Romans paraded their dead. Summer fell dead. Winter put it in the grave. A billion voices wept. The wind of time shook the vast house. the windows rattled and broke like men’s eyes, into crystal tears.”

Samstag, 27. Oktober 2012

Kurzgeschichte: The Call of Cthulu (H. P. Lovecraft)

(zu dt.: “Cthulus Ruf”) 

Der Erzähler, dessen Namen wir nicht erfahren, berichtet uns in Ich-Form, worauf er durch Zufall nach dem Tod seines Onkels George Angell, dem Professor für semitische Sprachen an der Brown Universität, stößt. Als er im Winter 1926-27 die Hinterlassenschaft seines Onkels durchsieht, entdeckt er eine Schachtel mit rätselhaftem Inhalt: In ihr befindet sich ein Bericht über die seltsamen Träume eines Herrn Wilcox, der im Frühling des vorherigen Jahres unheimliche Visionen von uralten, versunkenen Städten und unaussprechlichen grauenvollen Wesen durchlitt. Es stellt sich heraus, dass während der gleichen Zeit tausende andere Menschen dieselben Albträume wie Wilcox hatten und dass diese Visionen mit einem uralten Voodookult zusammen hängen, der daran glaubt, dass abscheuliche Geschöpfe, die schon lange vor uns Menschen die Erde beherrschten, wieder auferstehen werden, um alles ihrem Schrecken zu unterwerfen.
Der Erzähler versucht das Werk seines verstorbenen Onkels fortzusetzen und dem entsetzlichen Geheimnis auf die Spur zu kommen.

Die Geschichte „The Call of Cthulu“ ist der Auftakt zum Zyklus des Cthulu-Mythos, der H.P. Lovecraft zu Recht zu einem der größten Schriftseller der Horrorliteratur gemacht hat.
Lovecrafts Erzählungen überzeugen mehr durch eine durchgehend düstere, unheilvolle Atmosphäre, als durch kurze, unerwartete Schreckmomente. Ständig scheint eine namenlose Bedrohung wie ein Damokles-Schwert über einem zu hängen. Man selbst – wie auch der Protagonist – kann sich nicht so recht entscheiden, ob es besser wäre unwissend in das Verderben zu laufen oder sich des Grauens bewusst zu sein und an der Hoffnungslosigkeit, die einem dadurch erfasst, zu Grunde zu gehen. Sicher ist nur, egal was geschieht, es gibt kein Entrinnen, das Schlimmste wird immer eintreten.

Die in der Geschichte vorkommenden Charaktere sind gar nicht so wichtig, sondern nur Vermittler der Botschaft, mit der wir in Angst versetzt werden sollen. Geschickt wird der Leser von einer fiktiven Informationsquelle zur anderen geführt, sodass bis zum Ende aus einzelnen Zeugenaussagen, Zeitungsartikeln und Berichten Stück für Stück ein Gesamtbild in unserem Kopf entsteht und uns vorgaukelt selbst Forscher in dieser Sache zu sein.

Nachdem ich jetzt so über Lovecrafts Schreibstil geschwärmt habe, hier zwei kleine Kostproben:
In der folgenden Stelle findet der Protagonist ein steinernes Abbild des Monsters, das von den Voodoo-Clans angebetet wird:
„It seemed to be a sort of monster, or symbol representing a monster, of a form which only a diseased fancy could conceive. If I say that my somewhat extravagant imagination yielded simultaneous pictures of an octopus, a dragon, and a human caricature, I shall not be unfaithful to the spirit of the thing. A pulpy, tentacle head surmounted a grotesque and scaly body with rudimentary wings; but it was the general outline of the whole which made it most shockingly frightful.”

Hier wird die uralte, versunkene Stadt beschrieben, in der das Monster Cthulu lauert:
„Without knowing what futurism is like, Johansen achieved something very close to it when he spoke of the city; for instead of describing any definite structure of building, he dwells only on the broad impressions of vast angles and stone surfaces – surfaces too great to belong to any thing right or proper for this earth, and impious with horrible images an hieroglyphs. [...] The geometry of the dream-place he saw was abnormal, non-Euclidean, and loathsomely redolent of spheres and dimensions apart from ours.”
 
“The Call of Cthulu” wurde aus dem Buch “The Best of H. P. Lovecraft, Bloodcurdling Tales of Horror and the Macabre” entnommen. Ich habe die Geschichte für die heurige R.I.P. Challenge gelesen; Rezension für das ganze Buch wird beizeiten folgen.

Samstag, 20. Oktober 2012

Schlimmes Ende (Philip Ardagh)

(im Original: „Awful End“)

Eddie Dickens ist elf Jahre alt, als seine Eltern an einer seltsamen Krankheit zu leiden beginnen, durch die sie gelb werden, sowie ganz wellig an den Rändern und nach alten Wärmeflaschen riechen. Da es ihnen unter diesen Umständen unmöglich ist, für Eddie zu sorgen, soll dieser seinen wahnsinnigen Onkel Jack und die noch wahnsinnigere Tante Maud zu deren Haus, Schlimmes Ende, begleiten.
Die Geschichte erzählt von den skurrilen Personen, denen Eddie auf seiner Reise begegnet und was ihm während dieser widerfährt.









Very british, dieses Buch: Erstaunlich mit wie viel Unsinn und Absonderlichkeiten sich gerade mal 126 Seiten füllen lassen. Ardagh baut nämlich gerne absurde Sätze ein wie:
„Eddie Dickens öffnete zitternd (der Kleiderschrank war aus Espenholz) die Kleiderschranktür“

Weiters macht er sich oft und gerne über das 19. Jahrhundert lustig, in dem die Geschichte spielt, wie zum Beispiel in der folgenden Passage:
„Damals galt man, wenn man nur Unterhemd und lange Unterhose anhatte, als ausgezogen. Sehr viel nackter konnte man nicht werden. Wenn es damals Kinos gegeben hätte – die es damals nicht gab -, und sie hätten einen Film gezeigt, in dem jemand am Strand vorgekommen wäre, der nur mit Unterhemd und langer Unterhose bekleidet war, so hätte das einen Sturm der Entrüstung hervorgerufen. Männer mit langen Bärten hätten Barrikaden errichtet und auf den Straßen wäre es zu Tumulten gekommen.“
 
Der Hauptcharakter Eddie Dickens scheint als etwas schüchterner, zurückhaltender und sehr höflicher Junge der einzig geistig Gesunde zu sein inmitten abgedrehter Persönlichkeiten, die in ihrer Beschreibung fast zu Karikaturen verkommen.
Da wären zu allererst Eddies Eltern, die sich ohne Misstrauen der fragwürdigen Therapie ihres Hausarztes hingeben, bei der sie an Eiswürfeln lutschen müssen, die die Form von berühmten Generälen haben, und die ständig den Namen ihres Sohnes vergessen.
Zum Hausstand der Dickens gehört unter anderem auch die Laberliese, ein Hausmädchen, das durch den acht-wöchigen Bettmachkurs gefallen ist und nun ein Leben in Schande im Schrank unter der Treppe verbringt. Sie wird mit allem gefüttert, das flach genug ist, um unter dem Türspalt hindurch zu passen.
Und dann gäbe es noch Mr. Pumblesnook, den Vorsteher eines Wandertheaters, dem Eddie auf seiner Reise in der Raststätte Zum Ausspann begegnet und der im Folge der Geschichte die Kutsche, in der Eddie mit seinen Verwandten reist, überfallen will und später gekonnt die Kaiserin von China mimt.
Respekt an den Übersetzter Harry Rowohlt, der allen Wortwitz und Unsinn ins Deutsche übertragen hat, ohne dass etwas von dessen Bedeutung verloren gegangen ist.

Am Verwunderlichsten ist, dass die Geschichte trotzdem Sinn macht und recht spannend wird, als mehr und mehr Probleme auftauchen. Nach allen möglichen Verwirrungen und Obstakeln, die Eddie auf seiner Reise durchleidet, findet sie zuletzt doch noch ein gutes Ende.

Der Text wird von feingliedrigen Schwarz-Weiß-Zeichnungen von David Roberts begleitet, der die skurillen Charaktere genau so verrückt darstellt, wie man sie sich in Gedanken ausmalt.

„Schlimmes Ende“ ist eher eine gekonnte Parodie oder verdrehte Homage auf das England des 19. Jahrhunderts als ein Kinderbuch. In kleinem Rahmen werden hier die Verklemmtheit, Spießigkeit und Umständlichkeit des viktorianischen Zeitalters aufs Korn genommen. Nicht selten hat mich der Text in seiner Absurdität und Ironie an Monty Python erinnert. Auch Lemony Snickets Zyklus über die Baudelaire Waisen, „Eine Reihe betrüblicher Ereignisse“, ist mir in den Sinn gekommen, auch wenn Snicket seine Geschichte nicht mit so viel lockerem Humor schreibt oder so auf die Spitze treibt wie Philip Ardagh.
Es ist zwar als Jugendbuch betitelt, aber ich bezweifle, dass vor allem jüngere Teenager genügend Sinn für Ironie für Ardaghs Werk mitbringen. Es ist ein Buch bei dem man viel schmunzeln und ab und zu auch laut loslachen kann, vorausgesetzt man versteht und mag diese Art von Humor.

„Schlimmes Ende“ ist der erste Teil von Philip Ardaghs Eddie-Dickens-Trilogie, der noch folgende zwei Bände angehören:
·         „Furchterregende Darbietungen“ (im Original: „Dreadful Acts“)
·         „Schlechte Nachrichten“ (im Original: „Terrible Times“)

Freitag, 12. Oktober 2012

The Woman in Black (Susan Hill)

(zu dt.: “Die Frau in Schwarz”)




Arthur Kipps, bereits zum zweiten Mal verheiratet, verbringt einen gemütlichen Weihnachtsabend im Kreise der Familie. Als seine Stiefsöhne sich gegenseitig  Gruselgeschichten erzählen, erinnert er sich plötzlich wieder an schreckliche Begebenheiten, die sich vor Jahren ereignet haben und ihn dazu veranlassen, sich alles von der Seele zu schreiben:
Zuerst scheint es nur ein banaler Arbeitsauftrag zu sein, den Mr. Bentley dem damals 23-Jahrigen Notar erteilt und der ihn in das abgelegene Örtchen Crythin Gifford führt. Dort soll Arthur Kipps dem Begräbnis von Mrs. Drablow beiwohnen und alle Unterlagen in ihrem Haus, Eels Marsh, für die Testamentssprechung ordnen, doch der Fall ist schwieriger als gedacht. Zuerst fällt Kipps beim Begräbnis plötzlich eine schwarz gekleidete Frau auf und dann schweigen die Dorfbewohner erschrocken, sobald das Thema auf Mrs. Drablow fällt. Er beginnt zu begreifen, dass ein dunkles Geheimnis auf diesem Ort und dem Haus der Verstorbenen lastet. Hartnäckig versucht er daraufhin aufzudecken, was dort geschehen ist, ohne sich über die verheerenden Folgen im Klaren zu sein.

Der Untertitel „A Ghost Story“ beschreibt die Erzählung treffend. Denn sie versetzt den Leser nicht in Schrecken – erfüllt also weder die Ansprüche eines Horror-Romans noch eines Thrillers – sondern schildert unaufgeregt und doch mitfühlend aus Sicht des jungen Arthur Kipps seine Erlebnisse.

Freitag, 5. Oktober 2012

Mysterien und Wunder

Übersinnliche Erscheinungen, die sich nicht erklären lassen
 (Aus der Serie „Die Welt des Unerklärlichen“ vom Moewig Verlag)



Dieses Buch befasst sich mit bekannten und stark umstrittenen Mysterien der katholischen Kirche.
Der Anfang ist der Frage nach der Auferstehung Jesu und dem Grabtuch von Turin gewidmet, gefolgt von Kapiteln über die schwarze Madonna (besondere, dunkle Marienstatuen), Unverwesliche (Das sind Körper die auf wundersame Weise nach ihrem Tod nicht verfallen), Stigmata und moderne „Propheten“ (hauptsächlich des 19. und frühen 20. Jahrhunderts).

Der Text ist durchgehend in pseudowissenschaftlichem Stil gefasst und bemüht sich stellenweise um rationale Erklärungen für unglaublich scheinende Phänomene, was allerdings nicht immer gelingt. So sind stellenweise Sätze zu lesen, wie: „Jeder von uns besitzt die Fähigkeit, dogmatische Veränderungen in seiner unmittelbaren Umgebung hervorzurufen, indem er starke oder unterdrückte Emotionen projiziert.“ Soll hier bedeuten: Mithilfe starker Emotionen sei es möglich Bilder oder Statuen Blut weinen zu lassen. Ein paar Seiten weiter hinten lautet das Resümee dieses Kapitels: „Die Tatsachen sprechen für eine Teleportation der Flüssigkeiten“.

Stellenweise hat der Autor unsorgfältig gearbeitet. Öfters wird kurz über eine Person geschrieben, ehe plötzlich von einer anderen berichtet wird, nur um einen Absatz später wieder auf die Person, von der ursprünglich die Rede war, zurückzukommen. Das lässt den Aufbau teilweise etwas chaotisch erscheinen und macht das Lesen anstrengend.
Weiters verwirrend sind die unterschiedlichen Schreibweisen ein und desselben Namens: So heißt Huim Neng, der berühmte Zen-Patriarch, der uns im Kapitel „Wunder des Geistes“ als ein Unverweslicher vorgestellt wird, bereits im folgenden Satz auf einmal Hui Neng und der Name der stigmatisierten Caterina von Siena, lautet weniger als eine halbe Seite später Katharina von Siena! Selbst wenn verschiedene Schreibweisen eines Namens existieren, sollte sich der Autor in seinem Text auf eine einigen, um Missverständnisse zu vermeiden.
Abgesehen von diesen kleinen Macken liest sich das Buch recht flüssig.

Noch ein Wort zu den darin enthaltenen schwarz-weiß Bildern: Diese weisen leider eine alles andere als gute Qualität auf und lassen dem Leser somit manchmal einigen Freiraum zur Interpretation des dort Dargestellten.
Der Gerechtigkeit halber muss jedoch gesagt sein, dass die Fotos zum Teil schon vor langer Zeit aufgenommen wurden, als sie noch nicht so hochauflösend waren wie es Fotos heutzutage sind, und das vielleicht auch noch in manchen Fällen bei schlechten Lichtverhältnissen.

Wer sich regelmäßig das Welt der Wunder Magazin kauft, Dan Brown cool findet oder in der Schule ein Religionsreferat halten muss und nicht zu viel erwartet, kann sich mit diesem Büchlein in Sachen Mysterien der katholischen Kirche weiter bilden.