Sechs alte Freunde treffen nach fünf-jähriger Wanderschaft im Gasthaus „Zur letzten Bleibe“ in der Baumstadt Solace aufeinander, um ihren Schwur zu erfüllen. Der Halb-Elf Tanis, der solamnianische Ritter Sturm Feuerklinge, der geheimnisvolle Magier Raistlin, dessen kämpferischer Zwillingsbruder Caramon, der Zwerg Flint Feuerschmied und der kleine furchtlose Kender namens Tollpan Barfuß, sind durch die Welt gezogen, auf der Suche nach Antworten auf Gerüchte über Krieg und Bösartigkeiten, die ihr Heimatland Abanasinia zu verschlingen drohen.
In Solace angekommen, merken sie schnell, dass sich hier einiges verändert hat – und nicht zum Guten. Dann stoßen sie auch noch auf das Babarenmädchen Goldmond und ihren Geliebten Flußwind, die einen magischen Stab bei sich tragen, der von Goblins und anderen verabscheuungswürdigen Kreaturen gesucht wird. Als die Gefährten versuchen, Goldmond zu beschützen und herauszufinden, was es mit dem Stab auf sich hat, werden sie erneut in ein gefährliches Abenteuer gestürzt.
Damit man die Geschichte richtig verstehen kann, muss man etwas über ihre Hintergründe wissen: „Drachenlanze“ ist eine Welt im Dungeons&Dragons-Universum, dem Urvater aller Rollenspiele, das seit den 70er Jahren Nerd-Herzen höher schlagen lässt. Margaret Weis und Tracy Hickman haben sich von den Abenteuern ihrer eigenen Spielfiguren inspirieren lassen und diese in der „Chronik der Drachenlanze“ niedergeschrieben.
Der Erzählung merkt man ihren Rollenspielursprung durchaus an. Die Helden geraten in ein Abenteuer, in dem sie einige Quests bestehen müssen, die mit Hindernissen gespickt sind. Ganz nach dem Schema: Laufe von A nach B und bekämpfe dort C um D zu erhalten, das du dann bei E für F verwenden kannst, usw.
Allerdings muss ich positiv vermerken, dass sich die Autoren eine schöne Vorgeschichte zu dem Geschehen im Buch überlegt haben. Weiters wirkt das Buch durch den geschichtlichen und geografischen Überbau komplexer und vielfältiger, als es das vordergründige Geschehen um die sechs Gefährten eigentlich ist.
Auch die Charaktere haben ganz RPG-like (=RolePlayGame) jeder ihre spezifischen Stärken und Schwächen und erfüllen dementsprechend bestimmte Aufgaben in der Gruppe. So gibt es zum Beispiel den finsteren Magier, der dafür überhaupt nicht kämpfen kann. Diese Aufgabe übernimmt der breitschultrige Caramon, der mit seinem Schwert alles vernichtet, was sich ihm in den Weg stellt, aber nicht gut im verstecken oder schleichen ist. Der kleine geschickte Tollpan horcht deshalb Feinde aus und öffnet leise verschlossene Türen… So hat jeder seinen fixen Platz.
Das heißt nicht, dass die Figuren uninteressant sind, sondern nur manchmal in ihren Handlungen durchschaubar.
Zur Erscheinungsform des Buches lässt sich sagen, dass „Die Chronik der Drachenlanze“ im Englischen eine Trilogie ist, doch im Deutschen (wie so oft bei übersetzten Fantasyreihen) jedes Buch zweigeteilt wurde, sodass hier sechs Bände der Serie vorliegen.
Zu guter Letzt möchte ich auch noch etwas zur Übersetzung selbst sagen, diese wirkt nämlich etwas eigenwillig. Marita Böhm hat Orte und Namen scheinbar willkürlich übersetzt oder in Originalsprache belassen. So wurden z.B.: „Neuhafen“ und „Düsterwald“ übersetzt, „Solace“ bleibt englisch. So wurden auch z.B.: „Goldmond“ und „Flußwind“ wortwörtlich übersetzt, aber der Name von Goldmonds Mutter, „Tearsong“, unübersetzt gelassen. Diese Ungereimtheiten stören den Lesefluss an manchen Stellen etwas.
Der einfache, klischeehafte Aufbau der Geschichte und seiner Charaktere, wirkt im 21. Jahrhundert etwas altbacken, war in den 80ern jedoch ein aufregendes Novum. Die Drachenlanze-Saga gilt als Vorreiter für alle Romane im Rollenspielbereich (von Starwars bis Warcraft).
Wer sich für Dungeons&Dragons oder Rollenspiele an sich interessiert oder einfach einen unterhaltsamen aber nicht zu anspruchsvollen Sword&Sorcery-Fantasyroman sucht, ist mit „Drachenzwielicht“ recht gut beraten. Mich hat allerdings die Hintergrundgeschichte zur Entstehung der Serie und zum Spieluniversum mehr fasziniert als das Buch selbst.